Privatsphäre in Bitcoin: Bewährte Praktiken

Aus dem Original “Bitcoin Privacy: Best Practices“ von Gigi, erschienen zur Blockzeit 671711 auf dergigi.com. Übersetzt von DerGeier, Lektorat durch Juniormind.

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„Es gibt einen heiligen Bereich der Privatsphäre für jeden Mann und jede Frau, in dem er/sie seine/ihre Entscheidungen trifft – einen Bereich seiner/ihrer eigenen essentiellen Rechte und Freiheiten, in den das Gesetz, im Allgemeinen, nicht eindringen darf.“

Geoffrey Fisher, Erzbischof von Canterbury (1959)

Vor nicht allzu langer Zeit war der Standardmodus des Internets unverschlüsselter Klartext. Jeder konnte jeden ausspionieren, ohne dass sich viele Menschen darüber Gedanken machten. Die globale Überwachungs- und Spionageaffäre von 2013 hat das geändert, und heute sind sichere Kommunikationsprotokolle und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung die Norm.

Obwohl Bitcoin in die Pubertät gekommen ist, befinden wir uns – metaphorisch gesprochen – immer noch in der Klartext-Ära der orangenen Münze. Bitcoin ist standardmäßig radikal transparent, aber es gibt sinnvolle Möglichkeiten, deine Privatsphäre zu schützen. In diesem Artikel möchten wir einige dieser Möglichkeiten aufzeigen, empfohlene Vorgehensweisen diskutieren und umsetzbare Ratschläge für Neulinge und Bitcoin-Benutzer gleichermaßen geben.

Warum Privatsphäre wichtig ist

„Privatsphäre ist für eine offene Gesellschaft im elektronischen Zeitalter notwendig. Privatsphäre ist keine Geheimhaltung. Eine private Angelegenheit ist etwas, von dem man nicht will, dass die ganze Welt es weiß, aber eine geheime Angelegenheit ist etwas, von dem man nicht will, dass es irgendjemand weiß. Privatsphäre ist die Macht, sich der Welt selektiv zu offenbaren.“

Mit diesen kraftvollen Worten eröffnete Eric Hughes 1993 sein Cypherpunk’s Manifesto. Der Unterschied zwischen Privatsphäre und Geheimhaltung ist subtil, aber wichtig. Wenn man sich dafür entscheidet, privat zu bleiben, bedeutet das nicht, dass man Geheimnisse hat oder etwas zu verbergen hat. Um dies zu verdeutlichen, muss man sich nur vergegenwärtigen, dass das, was man auf der Toilette oder im Schlafzimmer tut, weder illegal noch ein Geheimnis ist (in den meisten Fällen) und dennoch schließt man die Tür und zieht die Vorhänge zu.

Auch wieviel Geld du hast und wofür du es ausgibst, ist nicht unbedingt eine geheime Angelegenheit. Es sollte jedoch eine private Angelegenheit sein. Die meisten würden zustimmen, dass dein Chef nicht wissen sollte, wie du dein Gehalt ausgibst.

Die Wichtigkeit der Privatsphäre wird von vielen internationalen Gremien anerkannt. Von der amerikanischen Erklärung der Rechte und Pflichten des Menschen bis hin zu den Vereinten Nationen wird anerkannt, dass die Privatsphäre weltweit ein grundlegendes Menschenrecht ist.

„Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.“

Artikel 12, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Vereinte Nationen

Bitcoin und Privatsphären

Obwohl Bitcoin von frühen Befürwortern und den Medien oft als anonyme Zahlungsmethode beschrieben wurde, ist er alles andere als das. Bitcoin ist bestenfalls pseudonym und bis heute ist es für die meisten Menschen schwierig, sicherzustellen, dass ihre pseudonymen Bitcoin-Identitäten nicht mit ihrer realen Identität verknüpft werden können.

Bitcoin ist ein offenes System. Sein öffentliches Kassenbuch (Ledger) kann von jedem eingesehen und analysiert werden. Daher wird jede Transaktion, die in die Proof-of-Work-Kette eingebettet ist, so lange offengelegt, wie Bitcoin existiert: für immer. Wenn man sich jetzt nicht an die empfohlenen Vorgehensweisen zum Schutz der Privatsphäre hält, kann das in Zukunft negative Auswirkungen haben.

Privatsphäre ist, wie Sicherheit, ein Prozess der schwierig, aber nicht unmöglich ist. Es werden immer bessere Tools entwickelt, die dabei helfen, die Privatsphäre bei der Nutzung von Bitcoin zu schützen und glücklicherweise werden die meisten dieser Tools mit der Zeit einfacher zu benutzen. Leider gibt es aber kein Allheilmittel. Man muss sich der Kompromisse bewusst bleiben und die empfohlenen Methoden befolgen, während sie sich weiterentwickeln.

Bewährte Praktiken für Privatsphäre

Wie bei allem in Bitcoin ist die Kontrolle über deine Privatsphäre ein allmählicher, schrittweiser Prozess. Das Erlernen und Umsetzen dieser Methoden erfordert Geduld und Verantwortungsbewusstsein, also lass dich nicht entmutigen, wenn es anfangs überwältigend erscheint. Jeder Schritt, und sei er noch so klein, ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Im Folgenden findest du Maßnahmen, die du ergreifen kannst, um deine Privatsphäre zu schützen:

  • Verwahre deine Bitcoin selbst
  • Keine Mehrfachverwendung von Adressen
  • Minimiere das Risiko von KYC (Know Your Customer)
  • Minimiere die Gefährdung durch Dritte
  • Betreibe deinen eigenen Node
  • Nutze das Lightning Netzwerk für kleine Transaktionen
  • Verwende keine öffentlichen Block-Explorer
  • CoinJoine früh und oft

Verwahre deine Bitcoin selbst: Nicht deine Schlüssel, nicht deine Bitcoin (Not your keys, not your coins). Wenn jemand anderes deine Bitcoins für dich verwahrt, weiß er alles, was es über diese Münzen zu wissen gibt: Beträge, Transaktionshistorie, künftige Transaktionen usw. Der erste und wichtigste Schritt ist, dass du deine Coins selbst in die Hand nimmst.

Keine Mehrfachverwendung von Adressen: Die Mehrfachverwendung von Adressen zerstört die Privatsphäre sowohl des Absenders als auch des Empfängers. Sie sollte um jeden Preis vermieden werden.

Minimiere das Risiko von KYC: Die Verknüpfung deiner realen Identität mit deinen Bitcoin-Adressen ist in den meisten Rechtsordnungen ein notwendiges Übel. Während die Effektivität dieser Regelungen fraglich ist, sind die Auswirkungen für normale Nutzer meist negativ, wie eine Vielzahl von Datenlecks gezeigt hat. Wenn du dich für die Nutzung von KYC On- oder Off-Ramps entscheidest, stelle sicher, dass du die Beziehung zwischen dir und dem betreffenden Dienst verstehst. Du vertraust diesem Dienst deine persönlichen Daten an, auch was die zukünftige Sicherheit dieser Daten betrifft. Wenn du immer noch ein Einkommen in Fiat-Währung beziehst, empfehlen wir dir, einen reinen Bitcoin-Dienst zu nutzen, der es dir ermöglicht, automatische, wiederkehrende Käufe in deinem Namen durchzuführen. Swan Bitcoin ist ein solcher Dienst. Wenn du die KYC komplett überspringen willst, schau dir No-KYC only an.

Minimiere die Gefährdung durch Dritte: Vertrauenswürdige Dritte sind Sicherheitslücken. Wenn du dich auf dich selbst statt auf vertrauenswürdige Dritte verlassen kannst, solltest du das tun.

Betreibe deinen eigenen Node: Nicht deine Node, nicht deine Regeln (Not your node, not your rules). Der Betrieb eines eigenen Knotens ist essentiell, um Bitcoin auf private Weise zu nutzen. Jede Interaktion mit dem Bitcoin-Netzwerk wird durch einen Node ermöglicht. Wenn du nicht die Kontrolle über diesen Knoten hast, wird alles, was du tust, von dem Knoten gesehen, mit dem du interagierst. Das bedeutet, dass derjenige, der die Kontrolle über den Knoten hat, auch sehen kann, was du tust. Dieser Node-Leitfaden ist eine hervorragende Quelle für den Einstieg.

Nutze das Lightning-Netzwerk für kleine Transaktionen: Der Off-Chain-Charakter des Lightning-Netzwerks erhöht den Schutz der Privatsphäre seiner Nutzer, ohne dass diese zu viele Hürden überwinden müssen. Es ist zwar noch früh, aber die absolut leichtsinnigen Tage des Lightning Netzwerks liegen wahrscheinlich hinter uns. Die Nutzung des Lightning-Netzwerks für kleine und mittelgroße Transaktionen kann dazu beitragen, sowohl deine Privatsphäre als auch deine Gebührenbelastung zu verbessern.

Verwende keine öffentlichen Block-Explorer: Die Suche nach Adressen in öffentlichen Block-Explorern verknüpft diese Adressen mit deiner IP-Adresse, die wiederum mit deiner echten Identität in Verbindung gebracht werden kann. Mit Softwarepaketen wie Umbrel und myNode kannst du leicht deinen eigenen Block-Explorer betreiben. Wenn du einen öffentlichen Block-Explorer benutzen musst, stelle sicher, dass du deine IP maskierst, indem du dich über Tor mit ihm verbindest oder zumindest ein VPN benutzt.

CoinJoine früh und oft: Da Bitcoin ewig ist, wird die Verwendung von bewährten Transaktionsverfahren wie kollaborativen CoinJoin-Transaktionen sicherstellen, dass deine Privatsphäre auch in Zukunft geschützt ist. CoinJoin-Transaktionen sind zwar sehr komplex, aber es gibt benutzerfreundliche Software, die dir dabei hilft, diese Art von Transaktionen zu erstellen und zu automatisieren. Samourais Whirlpool ist zum Beispiel eine großartige Lösung für Android-Nutzer. Es gibt auch JoinMarket, das dank Projekten wie JoininBox recht einfach auf deinem eigenen Node eingerichtet werden kann. Beachte, dass Swan die Möglichkeit bietet, deine Bitcoin automatisch abzuheben, so dass du diesen Prozess fast vollständig automatisieren kannst.

Zusammenfassung

Jeder sollte sich bemühen, Bitcoin auf eine privatere Art und Weise zu nutzen. Privatsphäre ist keine Geheimhaltung. Privatsphäre ist ein Menschenrecht, und wir alle sollten dieses Recht schützen und ausüben. Es ist schwer, Informationen aus dem Internet zu entfernen; es ist unmöglich Informationen aus dem öffentlichen Kassenbuch von Bitcoin zu entfernen.

Auch wenn sie bei weitem nicht perfekt sind, gibt es heute Tools, die die Einhaltung von empfohlenen Methoden zum Schutz der Privatsphäre erleichtern. Wir haben einige dieser Tools hervorgehoben und – sobald neue Verbesserungen wie Taproot und Schnorr aktiviert werden – werden sich diese Tools sowie die Privatsphärengarantien von Bitcoin zweifellos verbessern.

Die Funktionsweise von Bitcoin lässt sich nicht gut mit traditionellen Konzepten in Einklang bringen. Fragen wie „Wem gehört dieses Geld?“ oder „Woher kommt es?“ sind in den meisten Fällen schwer zu beantworten und in anderen absolut sinnlos.

Satoshi hat Bitcoin mit Blick auf die Privatsphäre entwickelt. Auf Protokollebene ist jede Bitcoin-Transaktion ein „Schmelzvorgang“, bei dem nur heuristische Brotkrümel zurückbleiben. Das Protokoll kümmert sich nicht darum, woher die Sats kommen. Es kümmert sich auch nicht um reale Identitäten oder Besitzverhältnisse. Es kümmert sich nur um die Gültigkeit der Signaturen.

Und solange die Redefreiheit gilt, darf die Unterzeichnung einer Botschaft – privat oder nicht – kein Verbrechen sein.

Weiterführende Quellen

This Month in Bitcoin Privacy by Janine

Hodl Privacy FAQ by 6102

Digital Privacy by 6102

UseWhirlpool.com by Bitcoin Q+A

Bitcoin Privacy Guide by Bitcoin Q+A


Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Swan Blog und wurde von Matt Odell, einem unabhängigen Bitcoin- und Datenschutzbeauftragten, mitverfasst. Seine Ratschläge zu den empfohlenen Methoden findest du auf werunbitcoin.com.

Die geäußerten Meinungen sind ausschließlich seine eigenen und spiegeln nicht notwendigerweise die von Aprycot Media wider.

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