Die Suche nach digitalem Bargeld

Wie Satoshi Nakamotos Bitcoin-Projekt die Idee des digitalen Goldes und des digitalen Bargelds vereint und Adam Back weiterhin Pionierarbeit leistet, um Bitcoin zu verbessern als Tool zur Freiheit.

Aus dem Original “The quest for digital cash“) von Alex Gladstein, erschienen am 13. Oktober 2021 im Bitcoin Magazine, übersetzt von Tom Schwan, Lektorat durch stfano.

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An einem Sommertag im August 2008 bekam Adam Back eine E-Mail von Satoshi Nakamoto.

Es war das erste Mal, dass Nakamoto mit irgendjemandem Kontakt aufnahm, um über ein Projekt zu sprechen, das der anonyme Programmierer oder die Gruppe von Programmierern Bitcoin genannt hat. Die E-Mail enthielt einen Plan für etwas, was die Verfechter von Privatsphäre und Datenschutz, bekannt als Cypherpunks, für den heiligen Gral hielten: dezentrales, digitales Bargeld.

Mitte der 2000er Jahre hatten Kryptologen seit Jahrzehnten versucht, eine digitale Form von Papiergeld mit all ihren Rechten für Inhaber und Garantien auf Anonymität zu erschaffen. Mit dem Fortschritt in asymmetrischen Kryptosystemen in den 1970er Jahren und blinden Signaturen in den 1980er Jahren wurde der Traum von “E-Cash“ aus Science-Fiction-Romanen wie “Snowcrash“ oder “Cryptonomicon“ immer mehr zu einer potenziellen Realität.

Zensurresistenz war eines der Hauptziele von digitalem Bargeld, welches anstrebte, Geld zu sein, das außerhalb der Reichweite von Regierungen und Unternehmen liegt. Aber erste Versuche hatten eine unausweichliche Schwäche: Zentralisation. Ganz gleich, wie viel erstklassige Mathematik diese Systeme benutzten, sie verließen sich letztlich auf Administratoren, die bestimmte Zahlungen blockieren konnten oder die Geldmenge erhöhen konnten.

Mehr Verbesserungen für “E-Cash“ gab es in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren, jede davon ein wichtiger Schritt nach vorne. Vor 2008 jedoch verhinderte ein lästiges Problem der Computertechnik die Entstehung eines dezentralen Geldsystems: der Byzantinische Fehler.

Stell dir vor, du bist Militärkommandeur, der vor hunderten von Jahren im Osmanischen Reich versucht Byzanz einzunehmen. Deine Armee hat ein Dutzend Generäle, alle an unterschiedlichen Orten stationiert. Wie koordinierst du einen Überraschungsangriff auf die Stadt zu einem bestimmten Zeitpunkt? Was, wenn Spione in die eigenen Reihen eindringen und manchen Generälen von dir sagen, sie sollen früher angreifen oder abwarten? Der ganze Plan könnte schiefgehen.

Diese Metapher lässt sich in der Computerwissenschaft anwenden: Wie können Einzelne, die sich nicht in der Nähe befinden, ohne einen zentralen Koordinator einen Konsens finden?

Das war jahrzehntelang das größte Problem des dezentralisierten digitalen Bargelds. Wenn sich zwei Parteien nicht absolut einig waren, was im Kontobuch stand, konnten sich ihre Benutzer nicht sicher sein, welche Transaktionen gültig waren, und das System konnte doppelte Ausgaben nicht verhindern. Daher benötigten alle E-Cash-Prototypen eine zentrale Überwachungsstelle.

Die zauberhafte Lösung kam verpackt als Beitrag in einer unbekannten Mailingliste am Freitag, dem 31. Oktober 2008, als Satoshi Nakamoto ein Whitepaper, oder Konzeptpapier, über Bitcoin veröffentlichte. Der Betreff lautete “Bitcoin P2P e-cash paper“ und der Autor schrieb: “Ich habe an einem neuen elektronischen Zahlungssystem gearbeitet, das völlig auf Peer-to-Peer basiert, ohne zentrale Drittpartei.“

Satoshi Nakamotos E-Mail, in der er Bitcoin ankündigte. Quelle.

Um das Problem der Byzantinischen Generäle zu lösen und digitales Geld ohne zentrale Instanz auszugeben, schlug Nakamoto vor, das Kontenbuch in die Hände von tausenden Einzelpersonen auf der ganzen Welt zu geben. Jeder Teilnehmer besäße eine unabhängige, historische und sich fortlaufend aktualisierende Kopie aller Transaktionen, was Nakamoto anfänglich die “Timechain“ nannte. Falls jemand versuchte zu betrügen und “doppelte Ausgaben durchzuführen”, wüsste es jeder und die Transaktion würde abgelehnt.

Nach hochgezogenen Augenbrauen und Einwänden gegenüber dem Whitepaper zog Nakamoto abschließendes Feedback mit ein und veröffentlichte wenige Monate später am 9. Januar 2009 die erste Version der Bitcoin-Software.

Heute ist jeder Bitcoin mehr als 55.000 USD wert. Die Währung kann ein tägliches Transaktionsvolumen vorweisen, das größer ist als das tägliche BIP vieler Länder, und eine Marktkapitalisierung von mehr als einer Billion USD. Nakamotos Schöpfung wird von mehr als 100 Millionen Nutzern aus fast allen Ländern der Welt benutzt und wurde von der Wall Street, Silicon Valley, Politikern aus D.C. und sogar Nationalstaaten angenommen.

Doch anfangs benötigte Nakamoto Hilfe und die erste Person, die er kontaktierte, war Adam Back.

I. Die Geburtsstunde der Cypherpunks

Back war einer dieser Cypherpunks: Studierende der Computerwissenschaften und verteilten Systemen in den 1980er und 1990er Jahren, die sich für Bürgerrechte wie das Vereinigungsrecht und das Recht auf vertrauliche Kommunikation im digitalen Raum einsetzten. Diese Aktivisten wussten, dass Technologien wie das Internet den Regierungen schließlich große Macht verleihen würden und dass Kryptographie die beste Verteidigung für das Individuum sein könnte.

Die ursprünglichen Cypherpunks: Tim May, Eric Hughes und John Gilmore. Quelle

Anfang der 1990er Jahre realisierten Staaten, dass sie auf einem immer größer werdenden Schatz an persönlichen Daten ihrer Bürger sitzen. Daten wurden oftmals aus harmlosen Gründen gesammelt. Zum Beispiel speichern Internetanbieter (ISP) womöglich Adressen und Rufnummern für Bezahlungen — und geben diese Kenndaten zusammen mit deinen Internetaktivitäten dann ohne richterliche Anordnung weiter an Strafverfolgungsbehörden.

Das Sammeln und Analysieren solcher Daten brachte das Zeitalter der digitalen Überwachung und des Ausspionierens hervor, welches zwei Dekaden später zu den dubiosen und höchst verfassungswidrigen Anti-Terror-Plänen führte, die letztlich durch den NSA Whistleblower Edward Snowden aufgedeckt wurden.

In seinem 1993 erschienenen Buch “The Rise Of The Computer State“ warnte der Journalist der New York Times David Burnham davor, dass computergestützte Automatisierung zu einer beispiellosen Überwachung führen könnte. Er argumentierte, Bürger sollten rechtlichen Schutz dagegen einfordern. Demgegenüber standen Cypherpunks, die dachten, die Antwort liege nicht darin, die Politik der Regierungen zu beeinflussen, sondern stattdessen Technologien zu erfinden, die Regierungen nicht aufhalten konnten.

Die Cypherpunks nutzten Kryptographie, um gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Die Idee war täuschend einfach: Politische Dissidenten aus der ganzen Welt würden sich online versammeln und arbeiten, pseudoanonym und frei, um die Macht des Staates herauszufordern. Ihr Aufruf zum Kampf lautete: “Cypherpunks schreiben Code“ (original: “Cypherpunks write code“).

Einst exklusiv dem Militär und den Geheimdiensten vorbehalten, wurde Kryptographie der Öffentlichkeit in den 1970er Jahren durch Akademiker wie Ralph Merkle, Whitfield Diffie und Martin Hellman zugänglich gemacht. Im Mai 1975 war an der Stanford University der Groschen für das Trio gefallen. Sie fanden heraus, wie zwei Menschen online geheime Nachrichten austauschen konnten, ohne auf Dritte vertrauen zu müssen.

Ein Jahr später publizierten Diffie und Hellman mit “New Directions In Cryptography” eine bahnbrechende Arbeit, die darstellte, dass dieses private Nachrichtensystem ein entscheidender Teil im Kampf gegen Überwachung sein würde. Die Arbeit beschrieb, wie Bürger digitale Nachrichten verschlüsseln und verschicken konnten, ohne Angst, dass herumspionierende Regierungen oder Unternehmen den Inhalt lesen können.

In einem Public-Key-Kryptosystem werden Verschlüsselung und Entschlüsselung von zwei unterschiedlichen Schlüsseln bestimmt, E und D, sodass es unmöglich ist, rechnerisch von D auf E zu schließen (z.B. sind 10100-Instruktionen verlangt). Der chiffrierende Schlüssel E kann (in einem Verzeichnis) offengelegt werden, ohne den dechiffrierenden Schlüssel D zu kompromittieren. Das ermöglicht jedem Benutzer des Systems, jedem anderen beliebigen Benutzer eine Nachricht zu senden, so verschlüsselt, dass nur der intendierte Empfänger sie entschlüsseln kann.

Einfach ausgedrückt kann Alice einen Public-Key haben, den sie öffentlich bekannt gibt. Wenn Bob eine vertrauliche Nachricht an Alice schicken möchte, kann er ihren Public-Key herausfinden und damit die Nachricht verschlüsseln. Nur sie kann die Nachricht entschlüsseln und den Inhalt lesen. Wenn eine Dritte, Carol, nicht den Private-Key (in etwa: Passwort) für die Nachricht hat, kann sie deren Inhalt nicht lesen. Diese simple Innovation veränderte die gesamten Machtverhältnisse über Informationen zwischen Individuen und Regierungen.

Als Diffie und Hellman’s Arbeit veröffentlicht wurde, versuchte die U.S. Regierung durch die NSA, die Verbreitung dieser Ideen zu unterdrücken. Sie veröffentlichten sogar ein Schreiben an einer Kryptographie-Konferenz, in dem sie die Teilnehmer warnten, dass ihre Teilnahme eventuell illegal sein könnte. Aber nachdem Aktivisten die Arbeit ausdruckten und im Land verteilten, zogen sich die Bundesbehörden zurück.

1977 meldeten Diffie, Hellman und Merkle ein U.S. Patent mit der Nummer 4200770 für “Public-Key-Cryptography“ an, einer Erfindung, die das Fundament legte für E-Mail und Messenger wie Pretty Good Privacy (PGP) und die heute populäre Mobile App Signal.

Das war das Ende der staatlichen Kontrolle der Kryptographie und der Anfang der Cypherpunk Revolution.

II. Die Liste

Das Wort “Cypherpunk“ erschien erst 2006 im englischen Oxford Wörterbuch, aber die Community schloss sich schon viel früher zusammen.

1992, ein Jahr nach der Veröffentlichung des World Wide Web, fingen der frühe Mitarbeiter bei Sun Microsystems John Gilmore, Datenschutzaktivist Eric Hughes und der frühere Intel Ingenieur Timothy May an, sich in San Francisco zu treffen, um darüber zu diskutieren, wie man Kryptographie zum Schutz der Freiheitsrechte einsetzen kann. Im selben Jahr starteten sie die Cypherpunk Mailingliste (oder kurz “Die Liste“), wo die Ideen hinter Bitcoin entwickelt und schließlich von Satoshi Nakamoto 16 Jahre später veröffentlicht wurden.

Eric Hughes E-Mail, als er Die Liste bekannt gab. Quelle

Auf “Der Liste“ schrieben Cypherpunks wie May darüber, wie Monarchien im Mittelalter durch die Erfindung der Druckerpresse zerschlagen wurden, welche den Zugang zu Informationen demokratisierte. Sie debattierten darüber, wie die Entstehung eines frei zugänglichen Internets und Kryptographie die Datenschutz-Technologie demokratisieren und den scheinbar unaufhaltsamen Trend Richtung globalem Überwachungsstaat aufhalten können.

Wie viele Cypherpunks studierte Back an der Hochschule Computerwissenschaften. Glücklicherweise jedoch studierte er im Alter von 16 bis 18 zuerst Wirtschaftswissenschaften und promovierte danach im Bereich der verteilten Systeme. Falls jemals jemand die richtige Bildung hatte, um ein Bitcoin-Wissenschaftler zu werden, dann war es Back.

Während er in den frühen 1990er Jahren in London Computerwissenschaften studierte, erfuhr er, dass einer seiner Freunde daran arbeitete, Computer zu optimieren, um schnellere Verschlüsselungsverfahren verwenden zu können. Durch seinen Freund erfuhr Back von der Public-Key-Verschlüsselung, die 15 Jahre vorher von Diffie und Hellman erfunden wurde.

Back dachte, das wäre ein historischer Machtwechsel zwischen Regierungen und Individuen. Jetzt war es Bürgern möglich, auf elektronischen Wegen zu kommunizieren, ohne dass eine Regierung Nachrichten entschlüsseln konnte. Er beschloss mehr darüber in Erfahrung zu bringen und schließlich führte ihn seine Neugier zu der Liste.

Mitte der 1990er Jahre beteiligte sich Back rege an der Liste, welche zu ihrem Höhepunkt dutzende Beitrage pro Tag erhielt. Laut Back war er derjenige, der damals am meisten beigetragen hat, süchtig nach den innovativen Konversationen dieser Ära.

Back war fasziniert, wie die Cypherpunks die Gesellschaft ändern wollten, indem sie Code benutzen, um auf friedliche Weise Systeme zu entwickeln, die nicht aufzuhalten waren. 1993 schrieb Hughes das wegweisende, kurze Essay der Bewegung “A Cypherpunk’s Manifesto“:

“Privatsphäre ist notwendig für eine offene Gesellschaft im digitalen Zeitalter. Privatsphäre ist keine Geheimhaltung. Eine private Angelegenheit ist etwas, das man nicht die ganze Welt wissen lassen will, und eine geheime Angelegenheit ist etwas, das man niemanden wissen lassen will. Privatsphäre ist die Macht, ausgewählte Informationen über sich selbst zu enthüllen …”

“ …Wir können uns nicht darauf verlassen, dass Regierungen, Unternehmen oder andere große, gesichtslose Organisationen so gütig sind und uns unsere Privatsphäre gewähren. Wir müssen unsere eigene Privatsphäre verteidigen, wenn wir erwarten, eine zu haben. Wir müssen uns zusammenschließen und Systeme bauen, die es ermöglichen anonyme Transaktionen durchzuführen. Menschen verteidigten jahrhundertelang ihre Privatsphäre mit Geflüster, Dunkelheit, Umschlägen, geschlossenen Türen, geheimen Handschlägen und Kurieren. Vergangene Technologien erlaubten keine hohe Privatsphäre, aber elektronische Technologien schon.”

“Wir Cypherpunks haben es uns zur Aufgabe gemacht, anonyme Systeme zu erschaffen. Wir verteidigen unsere Privatsphäre mit Kryptographie, mit anonymen Mail-Umleitungssystemen, mit digitalen Signaturen und mit elektronischem Geld.”

„Cypherpunks schreiben Code. Wir wissen, dass irgendjemand die Software zum Schutz der Privatsphäre schreiben muss, und da wir keine Privatsphäre bekommen, außer wenn alle sie bekommen, schreiben wir sie selbst … Unser Code kann weltweit von jedem benutzt werden. Uns ist es recht egal, ob du unsere Software befürwortest. Wir wissen, dass Software nicht zerstört und ein weit zerstreutes System nicht heruntergefahren werden kann.”

Diese Ansicht, dachte Back, würde die Gesellschaft wirklich verändern. Klar könnte jemand Lobby-Arbeit verrichten oder wählen gehen, aber dann verändert sich die Gesellschaft langsam und hinkt hinter der Regierungspolitik hinterher.

Die Alternative, Backs bevorzugte Strategie, war ein mutiger, radikaler Wandel durch Erfindung neuer Technologien. Er dachte, wenn er Veränderung will, müsse er nur loslegen.

III. Die Kryptokriege

Der ursprüngliche Feind der Cypherpunks waren Regierungen, die Bürger davon abhalten wollten, Verschlüsselung zu benutzen. Back und seine Freunde glaubten, Privatsphäre sei ein Menschenrecht. Auf der anderen Seite standen die Regierungen, die bei dem Gedanken, ihre Bürger würden Code erschaffen, der es ihnen erlaubte, Aufsicht und Kontrolle zu entgehen, erstarrten.

Die Behörden verschärften ihre alten Militärstandards — diese klassifizierten Kryptographie neben Kampfjets und Flugzeugträgern als Waffen — und sie versuchten, den Export von Verschlüsselungssoftware zu verbieten und dadurch deren globalen Einsatz zu unterbinden. Das Ziel war es, die Leute abzuschrecken, datenschutzfördernde Technologien zu benutzen. Dieser Konflikt wurde bekannt als die “Kryptokriege“ mit Back an vorderster Front.Back wusste, dass ein solches Verbot zur Folge hätte, dass U.S. Arbeitsplätze ins Ausland verlagert würden und große Mengen an vertraulichen Informationen unverschlüsselt blieben. Aber die Clinton Regierung schaute nicht voraus und sah nur, was direkt vor ihr lag. Und ihr größter Feind war ein Computerwissenschaftler namens Phil Zimmerman, der 1991 das erste verbraucherfreundliche System zur privaten Kommunikation namens “Pretty Good Privacy“ oder kurz PGP veröffentlichte.

PGP war eine einfache Lösung für zwei Personen, mit PCs privat über das neue World Wide Web zu kommunizieren. Es versprach, Verschlüsselung für Millionen von Menschen zu demokratisieren und die jahrzehntelange Kontrolle der Staaten über privaten Nachrichtenaustausch zu beenden.

Als Gesicht dieses Projekts kam Zimmerman jedoch ins Fadenkreuz von Unternehmen und Regierungen. 1977 implementierten drei Wissenschaftler des Massachusetts Institut of Technology (MIT) namens Rivest, Shamir und Adelman die Ideen von Diffie und Hellman in einen Algorithmus, genannt RSA. Das MIT gab dem Geschäftsmann Jim Bidzos und seiner Firma RSA Data Security eine Lizenz für das Patent.

Die Cypherpunks fühlten sich unwohl damit, dass ein derartiges Werkzeug von einer einzelnen Instanz kontrolliert wird, welche einen zentralen Angriffspunkt darstellt. Doch während der gesamten 1980er Jahre hielten die Lizenzierung und die Angst, angeklagt zu werden, sie größtenteils davon ab, neue Programme auf Basis dieses Codes zu veröffentlichen.

Als Erstes fragte Zimmerman Bidzos nach einer kostenlosen Lizenz für die Software, was er ablehnte. Aus Trotz veröffentlichte Zimmerman PGP als “Guerilla Freeware“, indem er sie über Floppy Disks und Internetforen (“message boards”) verbreitete. Ein junger Cypherpunk namens Hal Finney — der später eine große Rolle in Bitcoins Geschichte spielen soll — gesellte sich zu Zimmerman, um das Projekt voranzutreiben. 1994 bejubelte eine Reportage des WIRED Magazins Zimmermans dreiste Veröffentlichung von PGP als “präventiven Schlag gegen eine orwellsche Zukunft“.

Bidzos beschuldigte Zimmerman des Diebstahls und startete eine Kampagne gegen die Verbreitung von PGP. Zimmerman wurde schließlich von Christopher Allen und seinem Team von Consensus Development unterstützt, eine neue Version von PGP herauszugeben, die den Code nutzte, den Bidzos kostenlos veröffentlichte, um die Gefahr für dasUnternehmen zu entschärfen.

Doch die US-Bundesregierung entschied sich letztlich dafür, im Fall Zimmerman wegen “Waffenexports“ gemäß dem Arms Control Export Act zu ermitteln. Zu seiner Verteidigung argumentierte Zimmerman, er mache lediglich Gebrauch vom Recht auf Redefreiheit des ersten Zusatzartikels der Amerikanischen Verfassung, wenn er Open-Source-Code verbreitet.

Zu dieser Zeit argumentiere die Clinton Regierung, Amerikaner hätten kein Recht auf Verschlüsselung. Sie förderten Gesetze, die Firmen zwingen, Hintertüren (“Clipper Chips“) in ihr Equipment einzubauen, sodass der Staat einen Generalschlüssel hätte, um jede verschlüsselte Nachricht zu entschlüsseln. Angeführt von Beamten des weißen Hauses und Abgeordneten wie Joe Biden argumentierte man, dass Kryptographie Kriminelle, Pädophile und Terroristen ermächtigt.

Die Cypherpunks kamen Zimmerman zu Hilfe, der Thema hitziger Debatten wurde. Sie argumentierten, dass Anti-Verschlüsselungsgesetze unvereinbar seien mit der U.S. Tradition der Redefreiheit. Die Aktivisten begannen, den Quellcode von PGP in Bücher zu drucken und ins Ausland zu verschicken. Indem sie anfingen, den Code in gedruckter Form zu veröffentlichen, glaubten Zimmerman und die anderen, sie könnten Einschränkungen der Anti-Waffengesetze umgehen. Empfänger konnten den Code einscannen, wiederherstellen und ausführen, um zu beweisen, dass sie recht haben: Ihr könnt uns nicht stoppen.

Back schrieb kurze Teile des Quellcodes, den jeder Programmierer in ein voll funktionierendes Privatsphäre-Werkzeug umwandeln konnte. Manche Aktivisten tätowierten sich kleine Stücke des Codes auf die Haut. Bekanntermaßen startete Back den Verkauf von T-Shirts mit dem Code auf der Vorderseite und ein Abschnitt der Bill Of Rights mit dem Stempel “VOID“ darüber auf der Rückseite.

Adam Backs “Crypto” T-Shirt. Quelle

Schließlich schickten Aktivisten ein Buch mit dem kontroversen Code an das U.S. Office of Munition Control und fragten, ob sie dieses im Ausland verbreiten können. Sie erhielten nie eine Antwort. Die Cypherpunks gingen davon aus, dass das Weiße Haus niemals ein Buch verbieten würde. Letzten Endes sollten sie recht behalten.

1996 ließ das U.S. Justizministerium ihre Anklage gegen Zimmerman fallen. Der Druck, die Firmen dazu zu zwingen ,“Clipper Chips“ zu benutzen, ließ nach. Richter vertreten die Ansicht, dass Verschlüsselung durch den ersten Zusatzartikel geschützt ist. Die Anti-Kryptographie-Standards wurden gestürzt und verschlüsselte Nachrichten wurden zu einem Hauptbestandteil des offenen Netzes und des elektronischen Handels. PGP wurde zur “weltweit meistbenutzten E-Mail-Verschlüsselungssoftware“.

Heute verlassen sich Firmen und Apps von Amazon bis WhatsApp und Facebook auf Verschlüsselung für sichere Zahlungen und Nachrichten. Milliarden Menschen profitieren davon. Code veränderte die Welt.

Back ist bescheiden und sagte, es sei schwer zu schätzen, ob insbesondere sein Aktivismus einen Unterschied gemacht hat. Allerdings war der Kampf der Cypherpunks einer der Hauptgründe, warum die U.S. Behörden den Krieg gegen Krypto verloren. Die Behörden versuchten, Code aufzuhalten, und scheiterten.

Diese Erkenntnis blieb Back im Gedächtnis, als er 15 Jahre später im Sommer 2008 die erste E-Mail von Satoshi Nakamoto studierte.

IV. Von Digicash zu Bit Gold

Wie der Computer Historiker Steven Levy 1993 sagte, würde “anonymes digitales Geld“ das ultimative Kryptowerkzeug sein. In der Tat, nachdem der Kampf um die private Kommunikation gewonnen wurde, bestand die nächste Herausforderung der Cypherpunks darin, digitales Bargeld zu erschaffen.

Manche Cypherpunks waren Kryptoanarchisten — zutiefst skeptisch gegenüber dem modernen demokratischen Staat. Andere dachten, es wäre möglich Demokratien zu reformieren, um Individualrechte zu erhalten. Egal auf welcher Seite, viele sahen digitales Geld als den heiligen Gral der Cypherpunk-Bewegung.

In den 1980er und 1990er Jahren wurden aus kultureller und technischer Sicht wichtige Grundsteine Richtung digitalem Geld gelegt. Kulturell gesehen bildeten Science-Fiction-Autoren wie Neal Stephenson die Vorstellung der Computerwissenschaftler der Welt durch Beschreibungen zukünftiger Gesellschaften ab — in denen es kein Bargeld gibt — und verschiedene Arten von digitalem E-Geld auf der Karte standen. Zu einer Zeit, als Kreditkarten und digitale Zahlungen bereits zunahmen, erinnerte man sich nostalgisch an die Privatsphäre, die mit Barzahlungen einherging, bei denen der Verkäufer keinerlei Information über den Kunden wissen, abspeichern oder verkaufen kann.

An technischer Front war David Chaum, Wissenschaftler an der Universität von Kalifornien, Berkeley, der die mächtige Idee der Public-Key-Kryptographie nahm und anfing, sie auf Geld anzuwenden.

eCash Erfinder David Chaum. Quelle

n den frühen 1980er Jahren erfand Chaum die Blindsignatur, eine Schlüsselinnovation für die Entwicklung von Beweisbarkeit des Eigentums von Daten, ohne dabei ihre Herkunft offenzulegen. 1985 veröffentlichte er “Sicherheit ohne Identifikation: Transaktionssysteme, die den großen Bruder überflüssig machen“, eine vorausahnende Arbeit, die untersuchte, wie das Heranwachsen des Überwachungsstaates durch private digitale Bezahlsysteme eingedämmt werden kann.

Ein paar Jahre später, 1989, zogen Chaum und ein paar Freunde nach Amsterdam, setzten die Theorie in die Praxis um und gründeten Digicash. Die Firma hatte es als Ziel, ihren Nutzern zu ermöglichen, europäische Währungen und Dollars in Cash Tokens zu tauschen. Bankguthaben konnte in “eCash“ umgewandelt und an Freunde außerhalb des Bankensystems verschickt werden. Sie konnten die neue Währung zum Beispiel auf ihrem PC verwahren oder sie auszahlen. Die starke Verschlüsselung der Software machte es für Behörden unmöglich, den Geldfluss zu überwachen.

In einem Beitrag zu DigiCashs Blütezeit äußerte Chaum, dass das Ziel sei, das Währungssystem ins 21. Jahrhundert zu katapultieren, während man die orwellschen Vorhersagen einer Dystopie des großen Bruders zerschmettert und sie ersetzt mit einer Welt, in der die Leichtigkeit von elektronischen Transaktionen kombiniert wird mit der Anonymität von Barzahlungen.

Back erzählte, dass Cypherpunks wie er anfangs begeistert waren von eCash. Es verhinderte, dass außenstehende Beobachter sahen, wer wem wie viel Geld schickte. Und die Tokens ähnelten Bargeld insofern, dass sie vom Inhaber kontrolliert werden.

Chaums persönliche Philosophie war auch im Einklang mit den Cypherpunks. 1992 schrieb er, dass die Menschheit sich an einem Entscheidungspunkt befindet. Ein Weg führe zu beispielloser Überwachung und Kontrolle der Menschen, der andere zu sicherer Gleichheit zwischen Individuen und Organisationen. Die Gesellschaftsform im nächsten Jahrhundert könne davon abhängen, welche Einstellung vorherrscht.

Jedoch fehlte es Digicash an der Finanzierung und später im selben Jahrzehnt gingen sie bankrott. Für Back und die anderen war das eine wichtige Lektion: Digitales Bargeld musste dezentralisiert sein, ohne zentralen Angriffspunkt.

Back tat alles Mögliche, um die Privatsphäre in der Gesellschaft zu erhalten. Einmal ließ er einen “Mixmaster Service“ laufen, um den Leuten zu helfen, ihre Kommunikation vertraulich zu halten. Er würde eingehende E-Mails empfangen und sie auf eine Art und Weise weiterleiten, die nicht zurückzuverfolgen war. Um zu verschleiern, dass er hinter dem Service stand, mietete er einen Server von einem Freund aus der Schweiz an. Um ihn von London aus zu bezahlen, verschickte er postalisch Bargeld. Schließlich tauchte die Schweizer Bundespolizei vor dem Büro seines Freundes auf. Am nächsten Tag schaltete Back seinen Mixer ab. Aber der Traum vom digitalen Bargeld blieb weiterhin in seinem Kopf.

Zentralisiertes digitales Geld könnte während des Betriebs scheitern, unter regulatorische Aufsicht gelangen oder bankrottgehen à la DigiCash. Aber dessen größte Schwäche ist die Geldausgabe durch eine vertraute Drittpartei.

Am 28. März 1997, nach jahrelangem Betrachten und Experimentieren, erfand und präsentierte Back Hashcash. Eine Idee gegen Spam, die sich später in Nakamoto’s Whitepaper als grundlegend für das Bitcoin Mining herausstellte. Hashcash würde letzten Endes finanziellen “Proof-Of-Work“ ermöglichen: eine Währung, die es voraussetzte, Energie aufzuwenden, um neue Geldeinheiten zu produzieren, wodurch das Geld härter und fairer gemacht wurde.

Regierungen haben in der Geschichte häufig ihr Monopol der Geldschöpfung missbraucht. Tragische Beispiele sind das alte Rom, die Weimarer Republik, die ungarische Räterepublik, der Balkan in den 1990er Jahren, Mugabes Zimbabwe und die 1,3 Millionen Menschen vom Sudan bis nach Venezuela, die heute unter zwei-, drei- oder vierstelliger Inflation leben.

Vor diesem Hintergrund schrieb Cypherpunk Robert Hettinga 1998, dass richtig dezentralisiertes Geld bedeuten würde, die Wirtschaft wäre nicht mehr “der Handlanger der Politik“. Schluss mit dem Drucken riesiger Mengen Geld auf Knopfdruck.

Eine Anfälligkeit von Hashcash war, wenn jemand versuchte, eine Währung mit Anti-Spam Mechanismus zu kreieren, weil Benutzer mit schnelleren Computern dann immer noch eine Hyperinflation verursachen konnten. Eine Dekade später löste Satoshi Nakamoto dieses Problem mit einer zentralen Neuerung in Bitcoin, der “Schwierigkeitsanpassung“ (Difficulty Algorithm), bei der das Netzwerk die Schwierigkeit, neue Münzen zu schürfen, alle zwei Wochen wieder zurücksetzt, auf Basis der aufgewendeten Energie der Nutzer im Netzwerk.

1998 veröffentlichte der Informatik-Ingenieur Wei Dai sein Konzept “B-money.“ B-money sei ein anonymes, verteiltes elektronisches Geldsystem, dass es einer Gruppe von nicht zurückverfolgbaren Pseudonymen ermögliche, Geld auszutauschen und untereinander Verträge durchzusetzen ohne Hilfe von außen.

Dai war inspiriert von Backs Arbeit mit Hashcash und implementierte Proof-Of-Work in das Design von B-money. Obwohl das System limitiert war und sich als unbrauchbar erwies, hinterließ Dai eine Reihe an Werken, die Hughes, Back und andere wiedergaben.Im Februar 1995 schickte Dai der Liste eine E-Mail, in der er für Technologie statt Regulierungen plädierte, um unsere zukünftigen digitalen Rechte zu sichern:

“Noch nie gab es eine Regierung, die nicht früher oder später versucht hat, die Freiheit ihrer Bürger einzuschränken und mehr Kontrolle über sie zu erlangen und wahrscheinlich wird es auch nie eine geben. Deshalb werden wir die Technologie entwickeln und nicht versuchen, unsere Regierung davon abzuhalten… sodass die Regierung niemals erfolgreich sein kann.

Bemühungen, die Regierung zu beeinflussen (durch Interessenvertretung und Propaganda), sind nur insofern wichtig, um ihren Zerfall solange hinauszuzögern, bis die Technologie ausgereift und weit verbreitet ist.

Doch selbst wenn du nicht an das oben geschriebene glaubst, sieh es mal so: Wenn du eine bestimmte Zeit am Tag hast, um die Sache der persönlichen Privatsphäre voranzubringen (oder der Freiheit oder Kryptoanarchie oder was auch immer), erreichst du dieses Ziel eher, indem du Kryptographie lernst und die Werkzeuge entwickelst, die die Privatsphäre schützen, oder indem du versuchst, die Regierung zu überzeugen, nicht in deine Privatsphäre einzudringen?”

Im selben Jahr 1998 schlug ein amerikanischer Kryptologe namens Nick Szabo “Bit Gold“ vor. Aufbauend auf den Ideen von anderen Cypherpunks schlug Szabo eine parallele Finanzstruktur vor, dessen Token sein eigenes Wertversprechen hätte, unabhängig vom Dollar und Euro. Durch die Arbeit an Digicash und den erkennbaren Schwachstellen der zentralen Prägung dachte er, dass sich der Versuch, Gold als  Vermögenswert im digitalen Raum nachzubilden, lohnen würde.

Bit Gold war bedeutend, weil es endlich die Idee der Währungsreform und hartem Geld mit der Bewegung der Cypherpunks verband. Es versuchte, die “nachweisbare Kostspieligkeit“ von digitalem Gold zu haben. Eine Goldkette zum Beispiel beweist, dass der Besitzer entweder signifikante Zeit, Energie und Ressourcen dazu aufwand, dieses Gold aus dem Boden zu holen und es zu Schmuck zu verarbeiten, oder er bezahlte viel Geld, um sie zu kaufen. Szabo wollte den beweisbaren Kostenaufwand online bringen. Bit Gold wurde nie in die Tat umgesetzt, aber diente den Cypherpunks weiterhin als Inspiration.

In den darauffolgenden Jahren sah man den Aufstieg des Onlinehandels, der Dotcom-Blase und dann das Aufkommen der heutigen Internet-Riesenkonzerne. Es war online eine hektische und explosive Zeit. Aber fünf Jahre lang gab es keinen weiteren größeren Fortschritt mit digitalem Bargeld. Das weist erstens darauf hin, dass nicht viele Leute an dieser Idee arbeiteten, und zweitens, dass es schwierig war, alles zum Funktionieren zu bringen.

2004 kündigte der frühere PGP Mitwirkende Finney “Reusable Proof-Of-Work” an, oder kurz “RPOW“. Das war die nächste große Innovation Richtung Bitcoin.

RPOW nahm die Idee von Bit Gold und kombinierte sie mit einem Netzwerk an Open-Source Servern, um Transaktionen zu verifizieren. Zum Beispiel konnte man ein wenig Bit Gold einer E-Mail hinzufügen und der Empfänger bekam ein Inhaberpapier mit nachweisbarer Kostbarkeit.

Während Finney RPOW auf seinem eigenen Server zentralisiert laufen ließ, hatte er Pläne, die Systemarchitektur schließlich zu dezentralisieren. Das waren alles wichtige Schritte für Bitcoins Fundament, es fehlten jedoch noch ein paar Puzzleteile an manchen Stellen.

V. Running Bitcoin

1999 promovierte Back im Bereich verteilte Systeme und fing an, in Kanada für eine Firma namens Zero Knowledge Systems zu arbeiten. Dort half er das Freedom Network aufzubauen, ein Werkzeug, das Individuen half im Web anonym zu surfen. Back und seine Kollegen benutzten “Zero-Knowledge-Beweise“ (Zero-knowledge proofs, basierend auf Chaums blinden Signaturen), um Kommunikation über dieses Netzwerk zu verschlüsseln, und verkauften den Zugang zu diesem Service.

Wie sich herausstellte, war Back auch mit dieser Schlüsselinnovation seiner Zeit voraus. 2002 verbesserten Computerwissenschaftler das Zero-Knowledge Modell, indem sie das “Onion-Routing-Projekt“ (privater Web-Browser) der U.S. Regierung nahmen und den Code veröffentlichten. Sie nannten es das Tor-Netzwerk, das die Zeit der Virtual Private Networks (VPNs) inspirierte. Das bleibt weiterhin der Goldstandard des privaten Surfen.

Anfang bis Mitte der 2000er Jahre beendete Back die Arbeit bei Zero-Knowledge Systems, wurde kurz bei Microsoft als Cybersecurity-Forscher angestellt und trat dann einem neuen Start-up bei, das kollaborative, Peer-to-Peer verschlüsselte Software herstellt. Die ganze Zeit über behielt Back die Idee von digitalem Geld im Hinterkopf.

Als er die E-Mail im Jahr 2008 bekam, war Back fasziniert. Er las sie achtsam und schlug Nakamoto vor, sich andere digitale Geldsysteme anzusehen, einschließlich Dais B-Money.

Am 31. Oktober 2008 veröffentlichte Nakamoto das Bitcoin Whitepaper auf der Liste. Die erste Zeile versprach den Traum, den so viele verfolgten: Eine reine Peer-to-Peer-Version von elektronischem Bargeld würde es ermöglichen, Online-Zahlungen direkt von einer Partei an eine andere zu senden, ohne ein Finanzinstitut bemühen zu müssen. Backs Hashcash, Dais B-Money und frühere Forschungen in der Kryptographie wurden alle erwähnt.

Als Historiker digitalem Bargelds schrieb Aaron van Wirdum: Mit Bitcoin schlüge Hashcash zwei Fliegen mit einer Klappe. Es löste das Problem des “Double-Spendings“ auf dezentrale Weise und gleichzeitig brächte es durch einen Trick neue Coins ohne zentrale Prägung in Umlauf. Er stellte fest, dass Backs Hashcash nicht das erste E-Cash-System war, aber ein dezentrales elektronisches Geldsystem wäre ohne Hashcash wahrscheinlich nicht möglich gewesen.

Am 9. Januar 2009 stellte Nakamoto die erste Version der Bitcoin Software vor. Finney war einer der Ersten, der sich das Programm herunterlud und damit experimentierte, weil er so begeistert war, dass jemand an seiner Arbeit mit RPOW anknüpfte.

Am zehnten Januar verschickte Finney den berühmten Tweet: “Running bitcoin“. Die friedliche Revolution hatte begonnen.

Hal Finneys “Running bitcoin” Tweet. Quelle

VI. Der Genesis-Block

Im Februar 2009 fasste Nakamoto die Ideen hinter Bitcoin in einem Peer-to-Peer-Tech-Forum zusammen:

„Bevor es starke Verschlüsselung gab, mussten sich Nutzer auf den Schutz der Passwörter verlassen, um ihre Daten geheim zu halten. Der Admin konnte sich immer über die Privatsphäre nach eigenem Ermessen hinwegsetzen, nach der Abwägung von Privatsphäre gegenüber anderen Anliegen oder auf Drängen seiner Vorgesetzten. Dann wurde starke Verschlüsselung den Massen zugänglich gemacht und Vertrauen war nicht mehr nötig. Daten konnten auf eine Weise gespeichert werden, die es anderen physisch unmöglich machte, auf sie zuzugreifen, egal wie gut der Grund, die Ausrede, oder was auch immer war.

Es ist Zeit, das Gleiche auf das Geld anzuwenden. Mit E-Währungen, die auf kryptographischen Beweisen basieren, ohne auf Dritte vertrauen zu müssen, kann das Geld gesichert und Transaktionen mühelos durchgeführt werden. Einer der fundamentalen Bausteine für ein solches System sind digitale Signaturen. Eine digitale Geldeinheit enthält den Public-Key seines Besitzers. Um sie zu transferieren, wird sie vom Besitzer zusammen mit dem Public-Key des nächsten Besitzers signiert. Jeder kann die Signaturen überprüfen, um die Reihenfolge der Besitzer zu verifizieren. Das funktioniert gut, um Eigentum sicherzustellen, aber hinterlässt ein großes ungelöstes Problem: Double-Spending bzw. doppelte Ausgaben. Jeder Besitzer könnte versuchen eine bereits ausgegebene Geldeinheit ein weiteres Mal auszugeben, indem er sie für einen weiteren Besitzer signiert. Die übliche Lösung besteht darin, dass eine Firma, der man vertraut, mit einer zentralen Datenbank prüft, ob es Double-Spending gab. Doch das bringt uns nur zurück zum Vertrauensmodell. In ihrer zentralen Position kann die Firma sich über die Nutzer hinwegsetzen…

Bitcoins Lösung, um Double-Spending zu überprüfen, ist es, ein Peer-to-Peer-Netzwerk zu benutzen… Das Ergebnis ist ein verteiltes System ohne zentralen Angriffspunkt. Benutzer halten die Kryptoschlüssel von ihrem eigenen Geld und können untereinander handeln, mithilfe des P2P-Netzwerks, das Double-Spending überprüft.“

Nakamoto nutzte die Grundlagen von Diffie, Chaum, Back, Dai, Szabo und Finney und erfand dezentrales digitales Bargeld.

Im Nachhinein lag der Schlüssel in der Kombination der Möglichkeit, anonyme Transaktionen außerhalb des Bankensystems zu tätigen, und der Möglichkeit, einen Vermögenswert zu halten, der nicht durch politische Einmischung entwertet werden kann.

Dieses letzte Merkmal hatten die Cypherpunks bis in die späten 1990er Jahre nicht vor Augen. Danach strebte Szabo sicherlich mit Bit Gold und Andere, inspiriert von Vertretern der österreichischen Schule der Ökonomik wie Friedrich Hayek und Murray Rothbard, diskutierten schon lange über die Entstehung von neuem Geld, das außerhalb der Reichweite von Regierungen liegt. Aber dennoch priorisierten Cypherpunks Privatsphäre über Geldpolitik in früheren Versionen von digitalem Bargeld.

Die Ambivalenz von Verfechtern des Datenschutzes gegenüber der Geldpolitik zeigt sich noch heute. Viele linksgerichtete Bürgerrechtsgruppen, die zwei Jahrzehnte lang amerikanische digitale Rechte geschützt haben, ignorierten Bitcoin vollständig oder waren dem feindlich gesinnt. Das Limit von 21 Millionen Bitcoin, die Seltenheit und die Qualitäten “harten Geldes“ stellten sich als fundamental dabei heraus, Privatsphäre mit digitalem Geld zu schaffen. Dennoch haben die Verfechter von digitalen Rechten die Rolle von Proof-of-Work und der unveränderlichen Geldpolitik, die wichtig sind, um Menschenrechte zu schützen, größtenteils weder erkannt noch gefeiert.

Um die höchste Bedeutung der Knappheit und voraussagbaren Geldschöpfung bei digitalem Bargeld hervorzuheben, veröffentlichte Nakamoto Bitcoin nicht nach einem Überwachungsskandal der Regierung, sondern als Folge der globalen Finanzkrise und dem anschließenden Experiment des Gelddruckens von 2007 und 2008.

Der erste Eintrag in Bitcoins Blockchain ist bekannt als Genesis Block und er ist ein politischer Schlachtruf. Zwischen den Codezeilen ist eine Nachricht, die zum Nachdenken anregt. “The Times 03/Jan/2009 Chancellor on brink of second bailout for banks“.

Bitcoin Genesis Block: Kanzler kurz vor dem zweiten Rettungspaket für Banken. Quelle

Die Nachricht bezieht sich auf eine Schlagzeile der “The Times“ aus London, die beschrieb, wie die britische Regierung gerade dabei war, einen Teil der Privatwirtschaft zu retten, durch eine beidseitige Erhöhung der Bilanz. Das war Teil einer breiten globalen Bewegung, bei der Zentralbanken aus dem Nichts Geld für kommerzielle Banken schöpften und im Gegenzug Vermögenswerte von hypothekarisch gesicherte Wertpapieren hin zu Unternehmens- und Staatsanleihen erwarben. In Großbritannien druckte die Bank of England mehr Geld, um zu versuchen, die Wirtschaft zu retten.

Nakamotos Genesis Aussage stellte das von der Bank of England geschaffene moralische Fehlverhalten infrage. Sie galt als Kreditgeber der letzten Instanz für britische Firmen, die rücksichtslose Vorgehensweisen hatten und jetzt kurz davor standen, bankrottzugehen.

Der Durchschnittslondoner sollte derjenige sein, der den Preis in einer Rezession zahlt, wohingegen die Canary Wharf Elite immer Wege finden würde, ihr Vermögen zu schützen. Keine britischen Banker sollten während der großen Weltfinanzkrise ins Gefängnis gehen, obwohl Millionen Bürger der Unter- und Mittelklasse litten. Bitcoin war mehr als nur digitales Bargeld, es war eine Alternative zum Zentralbankensystem.

Nakamoto hielt nicht viel vom Modell der zunehmenden Verschuldung durch Bürokraten, um die immer stärker finanzialisierten Ökonomien zu retten. Wie er schrieb:

“Das ursächliche Problem mit konventionellen Währungen besteht in dem ganzen Vertrauen, das nötig ist, damit alles funktioniert. Der Zentralbank muss vertraut werden, dass sie die Währung nicht entwertet, aber die Geschichte der Fiat-Währungen zeigt, dass dieses Vertrauen immer wieder verletzt wurde. Banken muss vertraut werden, unser Geld zu verwalten und es elektronisch zu verschicken, doch sie verleihen unser Geld immer wieder in Form von aufgeblähten Krediten mit nur einem Bruchteil an Einlagen.“

Nakamoto führte als eine Konkurrenz zum Zentralbankensystem das Bitcoin-Netzwerk ein, das die Automatisierung der Geldpolitik ermöglicht und verhindert, dass eine kleine Handvoll von Eliten über öffentliche Gelder der anderen entscheidet.

VII. Ein Wunder der Technik

Zunächst war Back von Bitcoin beeindruckt. Er las einen technischen Erfahrungsbericht, den Finney Anfang 2009 publizierte und realisierte, dass Nakamoto viele der vorherigen Probleme löste, die effektivem digitalen Bargeld im Wege standen. Was Back wahrscheinlich am meisten beeindruckte und das Projekt Bitcoin stärker machte als alles, was er je zuvor sah, war, dass Nakamoto irgendwann Anfang bis Mitte 2011 für immer verschwand.

2009 und 2010 gab Nakamoto Updates bekannt, diskutierte Optimierungen und Verbesserungen von Bitcoin und teilte seine Gedanken über die Zukunft von Bitcoin, hauptsächlich in einem Forum namens Bitcointalk. Und dann verschwand Nakamoto eines Tages, ohne jemals wieder von sich hören zu lassen.

Zu dieser Zeit war Bitcoin noch ein aufkommendes Projekt und Nakamoto möglicherweise ein zentraler Schwachpunkt. Ende 2010 fungierte er immer noch als gütiger Diktator. Aber indem er sich selbst entfernte — und ein Leben voller Ruhm, Vermögen und Auszeichnungen aufgab — machte er es für Regierungen unmöglich, dem Netzwerk durch Verhaftung oder Manipulierung des Erfinders zu schaden.Bevor er verschwand, schrieb Nakamoto:

Viele Leute verwerfen E-Währungen automatisch als aussichtslose Sache wegen all der Firmen, die seit den 1990er Jahren scheiterten. Ich hoffe, es ist offensichtlich, dass es nur die Beschaffenheit der zentralen Kontrolle war, die ihnen zum Verhängnis wurde. Ich denke, das ist das erste Mal, dass wir ein dezentrales, vertrauensfreies System probieren.

Back stimmte zu. Mehr als er erstaunt war von der Art und Weise wie Nakamoto Bitcoin enthüllte und dann verschwand, war er im Speziellen von Bitcoins Geldpolitik fasziniert, welche so programmiert war, jedes Jahr eine kleinere Menge an Bitcoin auszugeben, bis in die 2130er Jahre, wo der letzte Bitcoin herausgegeben wird und keine neuen Bitcoin mehr geschürft werden. Die Gesamtmenge von gerade einmal 21 Millionen Bitcoin war in Stein gemeißelt.

Alle vier Jahre wurde die Anzahl der neu ausgegebenen Bitcoin halbiert, die erfolgreiche Miner als Belohnung erhielten. Dieses Event ist heute als “Halving“ bekannt.

Bitcoins voraussehbare Verteilung. Quelle

Als Nakamoto Anfang 2009 anfing, Bitcoin zu minen, lag die Belohnung bei 50 Bitcoin. Sie verringerte sich im Jahr 2012 auf 25, 2016 auf 12,5 und im April 2020 auf 6,25. Ende 2021 werden knapp 19 Millionen Bitcoin gemined und 2035 99 % aller Bitcoin ausgegeben worden sein.

Der Rest wird im folgenden Jahrhundert verteilt, als verschwindender Anreiz für Miner, die mit der Zeit ihren Profit mit Transaktionsgebühren machen müssen, anstatt mit der immer kleiner werdenden Belohnung.

Selbst 2009 spekulierten Nakamoto, Finney und andere bereits, dass Bitcoins einzigartige “festgesetzte“ Geldmengenpolitik mit maximal 21 Millionen Coins die Währung eines Tages extrem wertvoll machen könnte, wenn sie erfolgreich ist.

Zusätzlich zu der innovativen Geldmengenpolitik dachte Back, der sogenannte “Difficulty Algorithm“ (Schwierigkeits-Algorithmus bzw. -Anpassung) sei ebenfalls ein wissenschaftlicher Durchbruch. Dieser Trick löste ein Problem, das Back ursprünglich bei Hashcash hatte, dass Nutzer mit schnelleren Computern das System überfordern könnten. Nakamoto verhinderte dieses Problem bei Bitcoin, indem er das Netzwerk so programmierte, dass sich die Schwierigkeit, erfolgreich einen Block zu minen, alle zwei Wochen angepasst wurde, abhängig davon, wie lange das Minen der letzten Wochen dauerte.

Falls der Markt crasht oder ein anderes katastrophales Ereignis passiert (zum Beispiel als die Kommunistische Partei Chinas im Mai 2021 die Hälfte aller Bitcoin Miner weltweit abschaltete) und die globale Menge an Energie für das Mining (die “Hash Rate“) sinkt, würde es länger als gewöhnlich dauern, um Blöcke zu minen.

Jedoch würde der Difficulty Algorithm das kurz darauf wieder ausgleichen und Mining leichter machen. Umgekehrt, wenn die globale Hash-Rate steigt, vielleicht durch die Erfindung effizienterer Hardware und die dadurch schnellere Blockfindung der Miner, würde der Difficulty Algorithm das ebenfalls schnell kompensieren. Diese scheinbar simple Funktion gab Bitcoin Widerstandsfähigkeit und half ihm, gewaltige saisonale Turbulenzen beim Mining, steile Preisstürze und regulatorische Gefahren zu überleben. Heute ist Bitcoins Mining Infrastruktur dezentraler als je zuvor.

Diese Innovationen ließen Back glauben, Bitcoin könnte dort Erfolg haben, wo andere Versuche von digitalen Währungen scheiterten. Allerdings blieb ein eklatantes Problem bestehen: Bitcoin war nicht sehr privat.

VIII. Bitcoins Problem mit der Privatsphäre

Für die Cypherpunks war Privatsphäre ein Hauptziel. Frühere Iterationen von E-Geld, wie die von DigiCash, machten sogar den Kompromiss, Dezentralität für mehr Privatsphäre aufzugeben.

Es wäre ein sehr hohes Maß an Privatsphäre bei diesen Systemen möglich, aber Benutzer hätten der Ausgabestelle vertrauen müssen und sich dem Risiko der Zensur und Abwertung ausgesetzt.

Als Alternative zu einer einzigen Ausgabestelle, war Nakamoto gezwungen sich auf ein öffentliches Kassenbuch-System zu verlassen, wo jeder öffentlich alle Transaktionen einsehen konnte. Es war die einzige Möglichkeit, die Überprüfbarkeit zu gewährleisten, jedoch auf Kosten der Privatsphäre. Back denkt nach wie vor, dass das die richtige technische Entscheidung war.

Es wurde noch mehr geschafft im Bereich der privaten digitalen Währungen seit Digicash. 1999 veröffentlichten Sicherheitsforscher die wissenschaftliche Arbeit “Auditable Anonymous Electronic Cash“ (Überprüfbares Anonymes Elektronisches Bargeld), welche die Idee behandelte, Zero-Knowledge-Proofs zu benutzen. Mehr als zehn Jahre später wurde die Arbeit “Zerocoin“ herausgebracht, als Verbesserung dieses Konzepts. Aber um perfekte Privatsphäre zu erreichen, mussten Kompromisse eingegangen werden.

Die erforderliche Mathematik hinter diesen anonymen Transaktionen war so kompliziert, dass jede Transaktion sehr groß wurde und jede Nutzung äußerst zeitaufwendig machte. Ein Grund, warum Bitcoin heute so reibungslos funktioniert ist, dass die durchschnittliche Transaktion gerade mal ein paar hundert Bytes groß ist. Jeder kann von zu Hause aus kostengünstig eine Full Node (voll validierender Netzwerkteilnehmer) betreiben und Bitcoins Historie und Transaktionen nachverfolgen, was die Macht über das System in den Händen der Nutzer belässt. Das System verlässt sich nicht auf einige wenige Supercomputer. Vielmehr können ganz alltägliche Computer die Bitcoin Blockchain speichern und Transaktionsdaten preiswert verschicken, da der Datenverbrauch minimal gehalten wird.

Wenn Nakamoto ein Modell ähnlich des Zerocoins benutzt hätte, wäre jede Transaktion größer als 100 Kilobytes gewesen. Der Ledger (Kassenbuch) wäre viel größer gewesen und nur eine Handvoll Leute mit spezialisierten Rechenzentren hätten eine Full Node betreiben können, was geheime Absprache, Zensur oder sogar das Risiko, dass eine kleine Gruppierung die Geldmenge von 21 Millionen erhöhen könnte, möglich macht. Wie das Bitcoin Mantra besagt: “don’t trust, verify” (in etwa: “Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“).

Back sagte, er wäre im Nachhinein froh, die Arbeit von 1999 nicht in seinen E-Mails an Nakamoto erwähnt zu haben. Ein dezentrales, digitales Bargeld zu erschaffen, war der entscheidende Teil: Privatsphäre hingegen konnte später dazu programmiert werden, dachte er.

Um 2013 entschied Back, dass Bitcoin genug Stabilität bewiesen hatte, um das Fundament von digitalem Bargeld zu sein. Er erkannte, dass er seine Erfahrung mit angewandter Kryptographie nutzen konnte, um Bitcoins Privatsphäre zu verbessern. Zu dieser Zeit las Back täglich zwölf Stunden über Bitcoin. Er sagte, er verlor sein Zeitgefühl, aß kaum und schlief kaum. Er war besessen.

Damals schlug Back der Community von Bitcoin- Entwicklern auf Kanälen wie IRC und Bitcointalk ein paar Hauptideen vor. Eine davon war die Art der digitalen Signaturen, die Bitcoin benutzt, umzustellen, von ECDSA auf Schnorr. Nakamoto nutzte Schnorr nicht bei dem ursprünglichen Design, obwohl es mehr Flexibilität und Privatsphäre für seine Nutzer bot, weil er kein Patent hatte. Aber das Patent ist abgelaufen.

Heute wird Backs Vorschlag implementiert, da nächsten Monat Schnorr Signaturen dem Bitcoin Netzwerk hinzugefügt werden, als Teil des Taproot Upgrades. Sobald Taproot aktiviert ist und in großem Maßstab benutzt wird, werden von außen betrachtet die meisten Wallets (digitale Geldbörsen) und Transaktionen einander ähneln (auch für Regierungen), was den Kampf gegen den Überwachungsapparat unterstützt.

IX. Vertrauliche Transaktionen

Backs größte Vision für Bitcoin war etwas, das als “Confidential Transactions“ (vertrauliche Transaktionen) bekannt war. Gegenwärtig legt ein Benutzer den Bitcoin-Betrag, den er bei jeder Transaktion verschickt, offen. Das ermöglicht die Überprüfbarkeit des Systems — jeder, der zu Hause die Bitcoin Software ausführt, kann sichergehen, dass es nur eine bestimmte Menge an Bitcoin gibt — nur das ermöglicht auch die Überwachung der Blockchain.

Wenn eine Regierung eine Bitcoin Adresse mit einer Identität aus der echten Welt verknüpfen kann, kann sie den Geldfluss verfolgen. Confidential Transactions (CT) würden den Betrag der Transaktion verstecken und damit Überwachung wesentlich erschweren oder sie vielleicht sogar unmöglich machen, wenn sie zusammen mit Coinjoin-Techniken verwendet werden.

2013 sprach Back mit einer Handvoll Hauptentwicklern — den “Bitcoin-Magiern“, wie er sie nennt — und erkannte, dass es extrem schwierig werden würde, CT zu implementieren, da die Community verständlicherweise Sicherheit und Überprüfbarkeit der Privatsphäre vorzog.

Back bemerkte ebenfalls, dass Bitcoin nicht sehr modular war — das bedeutete, man konnte nicht einfach mit CT innerhalb des Systems experimentieren — also half er mit bei der Idee, eine neuartige Testumgebung für die Bitcoin-Technologie zu erschaffen, sodass man Ideen wie CT testen könnte, ohne dem Netzwerk zu schaden.

Back erkannte schnell, dass das eine Menge Arbeit war. Er müsste Softwarebibliotheken bauen, Wallets integrieren, Kompatibilität zu den Börsen schaffen und eine benutzerfreundliche Schnittstelle entwerfen. Back sammelte 21 Millionen USD bei einer Finanzierungsrunde in Silicon Valley ein, um eine Firma zu gründen, die all das verwirklichen sollte.

Mit der Finanzierung in der Tasche schloss sich Back mit dem bekannten Bitcoin-Core-Entwickler Greg Maxwell und Investor Austin Hill zusammen und gründete Blockstream, was heute eines der größten Bitcoin-Unternehmen ist. Back bleibt CEO und verfolgt Projekte wie Blockstream Satellite, das es Bitcoin-Nutzern ermöglicht, das Netzwerk ohne Internetzugang zu benutzen.

2015 brachten Back und Maxwell eine Version des Bitcoin “Testnet“ heraus, die ihren Vorstellungen entsprach, und nannten sie Elements. Sie fuhren fort und aktivierten CT auf dieser Sidechain — jetzt als Liquid bekannt — wo heute Hunderte Millionen Dollar unter Schutz der Privatsphäre beglichen werden.

Bitcoin-Nutzer kämpften gegen große Miner und Unternehmen im “Blocksize War“ (Krieg der Blockgröße) zwischen 2015 und 2017, um die Blockgröße vernünftigerweise klein zu halten (sie wurde auf ein theoretisches Limit von 4 Megabyte angehoben) und um die Macht in den Händen der Individuen zu behalten. Also konnte man davon ausgehen, dass jedes Vorhaben die Blockgröße in Zukunft signifikant zu erhöhen, auf großen Widerstand stoßen wird.

Back ist noch immer der Meinung, es sei möglich, den Code von CT zu optimieren und so kleinzubekommen, um ihn in Bitcoin zu integrieren. Bestenfalls liegt das noch Jahre entfernt, doch Back bleibt bei seiner Mission.

Vorerst können Bitcoin-Nutzer ihre Privatsphäre verbessern mit Methoden wie CoinJoin, CoinSwap und indem sie Second-Layer Technologie wie das Lightning-Netzwerk benutzen oder Sidechains wie Mercury oder Liquid.

Besonders Lightning — ein weiteres Gebiet, in das das Team von Blockstream stark investiert ist durch die Arbeit an C-Lightning — hilft Nutzern Bitcoin günstiger, schneller und vertraulicher zu verschicken. Durch Erfindungen wie diese dient Bitcoin als zensurresistente, vor Entwertung geschützte Technologie zum Sparen für Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt und wird zudem gebräuchlicher für tägliche Transaktionen.

In der nahen Zukunft könnte Bitcoin hervorragend die Vision der Cypherpunks vom teleportierbarendigitalen Bargeld erfüllen, mit all den Aspekten der Privatsphäre von Bargeld und all den Eigenschaftenvon Gold als Wertspeicher. Das könnte eine der größten Aufgaben für das kommende Jahrhundert sein, da Regierungen mit Central Bank Digital Currencies (CBDCs, digitales Zentralbankgeld) experimentieren und anfangen, sie einzuführen.

Das Ziel der CBDC’s ist es, Papiergeld durch elektronische Guthaben zu ersetzen, die leicht überwacht, konfisziert, automatisch besteuert und mit Negativzinsen entwertet werden können. Sie ebnen den Weg für Social Engineering (gesellschaftspolitische Maßnahmen), zielgenaue Zensur und Ausschluss von Plattformen und Verfallsdaten für Geld.

Wird jedoch die ganze Vision von Bitcoin als digitales Bargeld verwirklicht, dann “können wir eine große Schlacht gewinnen im Rüstungswettlauf und ein neues Gebiet der Freiheit dazu gewinnen für mehrere Jahre”, um es mit Nakamotos Worten zu sagen.

Das ist der Traum der Cypherpunks und Adam Back ist bemüht, ihn zu verwirklichen.


Dieser Artikel erschien zuerst im Bitcoin Magazine  als Gastbeitrag von Alex Gladstein.

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